Die beste Pflanze der Welt

Gras als Einstiegsdroge ist ein Ammenmärchen. Cannabis ist vor allem aus wirtschaftlichen sowie aus rassistischen Gründen verboten. Trotz Prohibition gibt es aber auch in Thüringen Unternehmen, deren Existenz am legalen Geschäft rund um den Hanf hängt.

Lieber bekifft ficken als besoffen Auto fahren, verkündete der FDP-Gesundheitsminister Daniel Bahr schon 2012 in der „SZ“. Allerdings hat sich weder unter Schwarz-Gelb noch unter der Groko ernsthaft was in Punkto Legalisierung von Cannabis getan. Dabei ist sich die übergroße Mehrheit der Wissenschaft einig und laut Umfragen sind nur noch wenige für das strikte Verbot. Andere Länder sind längst weiter und die Erfahrungen sind ziemlich positiv. Kommt nun mit der Ampel-Koalition auch in Deutschland endlich die Legalisierung? 

 

Legalisierung könnte 20.000 Jobs schaffen 

 

Thomas Schneider, Vorsitzender der Grünen Hilfe, ein Verein der die Opfer der Cannabis-Prohibition berät, ist mehr als skeptisch: „Nach den Erfahrungen von Rot-Grün 1998 rechne ich nicht damit.  Die sind doch alle mit der Pharmaindustrie verbandelt und deren Lobby steht mächtig auf der Bremse“. Aber was ist mit der Gegenseite? Immerhin könnte die Legalisierung bis zu 20.000 Jobs schaffen. „Solche Argumente sollten alle überzeugen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sich grob etwas bewegt“, sagt Schneider desillusioniert. Bewegung würde für ihn bedeuten: Festlegung einer geringen Menge und  Freigabe des Anbaus für private Zwecke.  

 

CBD: wehe, wenn es eingenommen 

 

Auch im legalen Hanf-Business in Erfurt treffen wir auf Zurückhaltung. Nicht nur was die Hoffnung auf die Legalisierung angeht, sondern auch in Bezug auf diesen Artikel. Zwar ist man bei „Werners Head-Shop“, im „Chillhouse“ und bei „Mr. Cannabis“ durchaus gesprächig. Aber: keine Namen, kein Gesprächsmitschnitt und bloß keine Fotos! Die Paranoia ist leider berechtigt. Bereits zweimal haben andere in Erfurt seit 2019 versucht, einen Laden für CBD-Cannabis-Produkte zu eröffnen. Kaum geöffnet, marschierte die Polizei an und beschlagnahmte fast das gesamte Sortiment. So geschehen im Chillhouse und in zwei weiteren Läden, die deswegen dicht machen mussten.  Das Chillhouse überlebte, weil es die Headshop-Kette im Osten ist und auf Grund der Größe an so einen Verlust nicht zu Grunde geht. 

 

Wer die Kunden berät, kriegt Ärger 

 

CBD-Grass ist anders als THC nicht komplett verboten und in einer rechtlichen Grauzone. Es herrscht Willkür: 2019 bot „Nahkauf Franz“ in Erfurt CBD-Blüten an der Kasse an und verkaufte das gesamte Sortiment. Auch in Jena hält sich u.a. der CBD-Shop „No. 11“ schon seit mehr als einem Jahr. Eine Verkäuferin verrät uns dort, dass die Läden in Erfurt auch deshalb ins Visier der Justiz gerieten, weil sie ihre Kund*innen ausführlich über alle Anwendungsmöglichkeiten berieten, statt klar zu sagen, dass es nicht  zur „Einnahme“ bestimmt. Aus Behördensicht ist nur erlaubt, daraus Kosmetika herzustellen. Dass sich jemand ein Gramm „Schwarzen Afghanen“ für 10 Euro kauft, nicht um es zu rauchen, sondern um eine Creme herzustellen, klingt nach Quatsch-Comedy-Club entspricht aber Rechtslage.  

 

Milliarden im Schwarzgeldsumpf 

 

Und in Thüringen? Die rot-rot-grüne Landesregierung kann wenig machen. 2017 wurde die „geringe Menge“, bei der Verfahren eingestellt werden, auf 10 Gramm erhöht. Konfisziert wird trotzdem. Modellprojekte sind auf Landesebene, anders als in den USA, in Deutschland nicht möglich. 2017 hatte der Bundestag zwar die Möglichkeiten für medizinisches Cannabis verbessert, aber in der Praxis nützt das wenig. Zum einem, weil sich kaum Ärzt*innen an das Thema ran trauen und zum anderen, weil kaum medizinisches Cannabis in Deutschland angebaut wird. Diese Restriktionen verhindern auch, dass mehr Nutzhanf auf die Thüringer Felder kommt, weil die Landwirt*innen verständlicherweise keine Lust auf den für eine Anbaugenehmigung notwendigen Papierkrieg haben. Es sind Milliarden, die sinnlos vergeudeten werden: Im Schwarzgeldsumpf der internationalen Drogenmafia und in sinnlosen Verfahren gegen Millionen Konsumenten- *innen und Kleindealer. 

 

Rassistische Propaganda 

 

Kein Baum müsste mehr für die Herstellung von Papier oder einfachen Bauholz gefällt werden. Aber statt auf Hanf für den Sieg gegen die Klimakrise zu setzen, gibt der Staat lieber Millionen aus, um Kiffer zu jagen. Die wissen im Gegensatz zur Mehrheit aber meistens, dass das Verbot ursprünglich mit rassistischen Untertönen daher kam. Rechte Propaganda-Standardlüge: Schwarze rauchen Marihuana, spielen dann high ihren Teufelsjazz und verführen damit weiße Frauen. 

 

Neuer CBD-Shop in Erfurt 

 

Wer jetzt immer noch nicht überzeugt ist, dass es kein sinnvolles Argument für das Hanfverbot gibt, sollte ruhig mal bei jungen Geschäftsleuten wie Mr. Cannabis in der Erfurter Trommsdorfstraße vorbei schauen. Da gibt’s zur Beratung über die CBD auch einen guten Kaffee. Gehen sie ruhig mal hin, bevor wieder die Freunde des Brokkoli einmarschieren.  

 

Thomas Holzmann