Ein Jahr im Amt – Ein Kommentar zu den Jugendstrukturen der Thüringer LINKEN

Die junge Seite

Helmut Roewer schrieb in seiner Amtszeit regelmäßig einen Kommentar in der monatlichen Publikation des Verfassungsschutzes. Da ich als Jugendreferent von DIE LINKE.Thüringen durch die Beiträge der Mitgliedschaft finanziert werde, möchte ich meine einjährige Tätigkeit Revue passieren lassen.

 

Der Paradiesvogel der Verfassungsschutzpräsidenten Helmut Roewer schrieb in seiner Amtszeit regelmäßig einen Kommentar (roewer.wordpress.com/page/2/) in der monatlichen Publikation des hiesigen Verfassungsschutzes, bei der er seine Weltsicht unter Beweis stellte.  Da ich als Jugendreferent der Partei DIE LINKE.Thüringen durch die Beiträge der Mitgliedschaft finanziert werde und mich deswegen diesen zur Information verpflichtet fühle, möchte ich meine nun einjährige Tätigkeit Revue passieren lassen und mich zur Situation unserer Jugendstrukturen äußern. 


Zur Ausgangslage


Thüringen ist durch den ländlichen Raum geprägt. Aber gerade in diesen Gegenden wandern viele junge Menschen ab.  Eine Konzentration von jungen Menschen findet sich heute stärker in der Jena-Weimar-Erfurt-Achse sowie an den weiteren Universitätsstandorten. Ich mache darauf aufmerksam, weil es wichtig ist, wenn wir über die Jugend der Partei sprechen, die demografischen und regionalen Gegebenheiten in die Beurteilung einfließen zu lassen.  Für den Jugendverband kann diese Entwicklung genauso konstatiert werden. Dieser ist regional durch 12 aktive Ortsgruppen organisiert, die in den größeren Städten zu finden sind. Eine beständige Struktur gibt es in Jena, Erfurt und Weimar. 


Mitgliedschaft, Alters- und Sozialstruktur


Der parteinahe Jugendverband „Linksjugend [‘solid] Thüringen“ hatte im Januar 2013 ca. 300 aktive und ca. 400 passive Mitglieder. Da die Linksjugend, aus meiner Sicht, leider nicht als Parteijugendverband gegründet wurde, gibt es diese Unterteilung. Passive Mitglieder sind alle Mitglieder der Partei DIE LINKE unter 35 Jahren. Aktive Mitglieder sind entweder Parteimitglieder die ihren Status formal aktiviert haben oder junge Menschen, die ab dem 14. Lebensjahr in den Verband eingetreten sind.  Zum Vergleich, die Junge Union Thüringen und die Jusos haben ca. 2000 Mitglieder / ca. 600 Mitglieder.  Mehr als ein Drittel der 300 aktiven Mitglieder sind auch Parteimitglieder. Es gibt also einen nicht unerheblichen Teil von jungen Parteimitgliedern, die sich nicht im Jugendverband engagieren bzw. die Mitglied sind.  Das ist ein Problem. Denn im Jugendverband erreiche ich durch die Struktur eine Menge Menschen in meiner Tätigkeit. Bei den jungen Parteimitgliedern, die in losen Zusammenhängen agieren, ist das viel schwieriger. Ein Ziel für mich ist deshalb weiterhin, junge Parteimitglieder für die Arbeit im Jugendverband zu begeistern und zu werben.  Das Durchschnittsalter im Jugendverband beträgt 24,5 Jahre. Das jüngste Mitglied ist 15 Jahre, das älteste 34 Jahre alt. Der Frauenanteil ist ein großes Problem. Er ist mit 22 Prozent wesentlich niedriger als bei der Partei (ca. 46 Prozent). Hier muss in Zukunft verstärkt konzeptionell gearbeitet werden, um Frauen den Zugang in das Feld der politischen Arbeit zu erleichtern.  Ein Großteil der Mitglieder sind Studierende und Schüler_innen. 


Was ist im letzten Jahr passiert? 


Im Oktober 2012 hat die Linksjugend gemeinsam mit der DGB-Jugend eine Kampagne gegen den Extremismusbegriff geführt. Dazu wurden Statements von Künstler_innen und Politiker_innen eingeholt und diese auf www.extremvieldahinter.blogsport.de veröffentlicht. Zur Thematik wurde ein Reader erstellt und dieser in einer hohen Auflage verteilt. Der Abschluss bildete die Vergabe des „Linksäugerpreises“ an das Landesamt für Verfassungsschutz. Auch wenn der Preis nicht persönlich übergeben werden konnte, war es eine sehr gelungene Aktion. 

Auf den letzten Landesjugendtreffen wurden die Landesarbeitskreise (LAK) Recht auf Rausch, emanzipatorische Kritik  und queer gegründet.  Ein LAK-Feminismus ist in Vorbereitung. Mit  Arbeitskreisen und der Etablierung von Verbandswochenenden sollen mehr Möglichkeiten zur Vernetzung und inhaltlichen Arbeit angeboten werden. 

In diesem Jahr organisierte der Jugendverband in Zusammenarbeit mit der Landesgeschäftsstelle eine Jugendtour durch 28 Städte und Gemeinden in Thüringen. Insgesamt nahmen 30 Mitglieder aus dem Verband an der Organisation und Durchführung der Tour teil. Dieses hohe Engagement hat mich selbst überrascht.  Insbesondere weil durchweg alle Ortsgruppen noch in den Wahlkämpfen der Direktkandidat_innen und des Wahlkampfes vor Ort eingebunden waren.

Ein weiterer Schritt zur Qualifizierung der Arbeit des Verbandes ist die Verbesserung der Öffentlichkeitsarbeit. Die Mitglieder schreiben nun verstärkt auch Berichte und Pressemeldungen über ihre Aktivitäten. 


 Jugendverband ist Parteijugend 


Die Erwartungshaltung von vielen Genoss_innen an mich ist es, neben dem Jugendverband auch für die Parteijugend zu arbeiten. Das würde ich an sich gerne tun, mir stellt sich aber die Frage, wie das gehen soll? Denn:

1. Sind nicht alle U35-Mitglieder auch aktive Mitglieder, die man einfach erreichen kann.

2. Haben diese keine gemeinsame Struktur, sondern sind lose organisiert.

3. Sind sie, wenn sie aktiv sind, vor Ort in die Parteiarbeit eingebunden

Es steht also die Frage im Raum, ob ein Jugendverband neben dem Jugendverband entstehen soll? Und wenn ja, warum? Mir kommt es oft so vor, als würde das Argument der Parteijugend eher dazu benutzt werden, um die Position der Linksjugend zu schwächen. Ich persönlich sehe es auch als Fehler, dass die Linksjugend nur ein „Parteinaher“- und kein Parteijugendverband ist. 

In manchen Landesverbänden  hat dieser Umstand „mit“ zu einer Spaltung zwischen Jugend und Partei geführt, da die Definition von „nah“ dann eher in das „fern“ rückt. Aber in Thüringen ist dies mitnichten so. Die Linksjugend ist ein durch und durch parteinaher Jugendverband. Solange man sich mit einer Kultur der Wertschätzung begegnet, wird sich das auch nicht ändern. Eine Anerkennung dieser Lage seitens der Partei gehört dazu.      


Warum wird das Hauptamt gebraucht?


Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass Jugendarbeit ohne das Hauptamt funktionieren kann. Die Linksjugend ist jünger geworden und mit jungen Menschen bedarf es einer anderen politischen Arbeit. Es gehört eben auch das Wissen um heutige Lebensbedingungen von jungen Menschen dazu.  Jugendclubs, Jugendeinrichtungen und Jugendverbände haben genau deswegen auch ausgebildete Fachkräfte. Warum sollte es bei der Parteijugendarbeit anders sein? Gerade deshalb werden wir im nächsten Jahr schauen müssen, die Linksjugend bei der Besetzung junger Menschen für die Parlamente und Gremien zu berücksichtigen. Wir brauchen junge Abgeordnete mit offenen Jugendbüros, die Lust und Erfahrung für die Jugendarbeit in der Linksjugend mitbringen. Ebenso benötigen wir junge Menschen in den Gremien der Partei, damit sich die Generationssichtweisen begegnen und nicht aus dem Weg gehen. Wir brauchen mehr Jugendarbeit und Jugend, um den Alterungsprozess unserer Landespartei entgegen wirken zu können!


Robert Richter